latent

With the first lockdown, our reality changed. Until then the usual things of everyday life, short- and long-term planning, everything that had been an experienced procedure and was considered as given, had to be put into perspective within a short period of time. What was done alongside got more into focus, and what was focused on got mostly driven out. The constant hustle and bustle fell into a deep sleep and the subject of time was suddenly handled differently. There was room for small miracles and the matters of course, which were always taken for granted, had been seen in a different light. Several things were left behind. A new reality peeled off the peripheral point of view and established itself in various forms, in home as well as in social environment. But it was not an escape into Biedermeier, it happened to us. Like a seed, our everyday life secluded itself into a latent stage, waiting for the moment to unfold. And in this process, something has changed. Perception is no longer the same as it once was. The works in the “latent” series deal with the search for the aesthetic blueprint of commonplace processes in my natural surroundings. An examination of unexceptional and easily overlooked materials, that have gathered within a temporally and spatially limited radius. The images are excerpts which do not intend to connect dots to obtain a single overall picture. The point where I start is that point at which the human eye can no longer reach, it is an extension of the axis of the visible. What we overlook, mainly because we cannot see it, is focused on in this works. Ordinary objects and things of everyday life that surround me and live, decay or have long since lost their life mostly without my attention. The living, the dead, the preserved, the left-behind and even the recurring are waiting hidden to unfold. It is a search for the beauty of natural lines, from the point of view of a geographically embanked and physically distanced new rhythm. To deal with the latent, from the perspective of the latent. A process.

Technique: 35mm colour/black and white film, digital scan, print on acrylic glass (45x30cm)

Year of origin: 2020 - 2021  

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Mit dem ersten Lockdown hat sich unsere Realität verändert. Die gewöhnlichen Dinge des Alltags, kürzer- und längerfristige Planungen, alles was bis dahin ein routinierter Ablauf und als gegeben angesehen war, wurde innerhalb kürzester Zeit relativiert. Was nebenher lief rückte mehr in den Mittelpunkt, und was den Mittelpunkt ausmachte wurde zumeist aus dem Fokus gerückt. Das stetige Treiben verfiel in einen Dornröschenschlaf und das Thema Zeit wurde plötzlich anders gehandhabt. Es gab Platz für die kleineren Wunder, und die sonstigen Selbstverständlichkeiten wurden unter einem anderen Licht gesehen. So manches wurde dabei zurückgelassen. Eine neue Realität schälte sich aus dem peripheren Blickwinkel und hat sich in unterschiedlichsten Ausprägungen etabliert, im häuslichen wie im sozialen Umfeld. Es war aber keine biedermeierliche Flucht, es ist uns passiert. Wie ein Samen hat sich unser Alltagsleben in ein latentes Stadium zurückgezogen, wartend auf den Moment der Entfaltung. Und dabei hat sich etwas geändert. Die Wahrnehmung ist nicht mehr ganz so, wie sie einmal war. Die Arbeiten der Serie „latent“ beschäftigen sich mit der Suche nach dem ästhetischen Bauplan der alltäglichen Abläufe in der mich umgebenden Natur. Eine Untersuchung von alltäglichen und leicht zu übersehenden Materialien, die sich im Laufe eines zeitlich wie räumlich begrenzten Radius angesammelt haben. Die Abbildungen sind Ausschnitte, deren Intension nicht darin besteht Punkte zu verbinden um, einem Puzzle gleich, ein einzelnes Gesamtbild zu erhalten. Sondern der Punkt, an dem ich ansetze, ist der, an dem das menschliche Auge nicht mehr hinreicht, eine Verlängerung der Achse des Sichtbaren. Das, was wir übersehen, gerade weil wir es nicht mehr sehen, liegt im Fokus. Gewöhnliche Gegenstände und Dinge des Alltags die mich umgeben, die größtenteils ohne mein Augenmerk rund um mich leben, verfallen oder schon lange kein Leben mehr beinhalten. Das Lebendige, das Tote, das Konservierte, das Zurückgelassene und auch das Wiederkehrende – verborgen wartend, um sich zu entfalten. Es handelt sich um eine Suche nach der Schönheit der natürlichen Linien, unter dem Gesichtspunkt einer geografisch eingedämmten und körperlich distanzierten neuen Rhythmik. Ein sich beschäftigen mit dem Latenten, aus der Sicht des Latenten. Ein Prozess.

Technik: 35mm S/W- und Farbfilm, digitaler Scan, Druck auf Acrylglas (45x30cm)

Entstehungsjahr: 2020 - 2021